Archive for November 2012

Mit der Lizenz zur Kompetenz?

007 meldet sich zum Dienst – zum nun 23. Mal kann James Bond auf den Kinoleinwänden der Welt bewundert werden. In Skyfall jagt unser Lieblingsagent des MI6 den Bösewicht Raúl Silva, erlebt dabei persönliche Höhen und Tiefen, um schließlich doch zu siegen und wie immer als gefeierter Held zu enden.

Ohne Zweifel handelt es sich bei der Figur des James Bonds um ein All-Round-Talent in jeglicher Hinsicht. Er ist schnell, wendig, stark, kann Motorräder fahren, Helikopter fliegen und seinem Charme verfallen die schönsten Frauen.  Doch wie verhält es sich mit seinen interkulturellen Kompetenzen? Dieser Frage werden wir in diesem Artikel nachgehen und anhand einiger Szenen von 007s neustem Abenteuer untersuchen.

 

Der erste Film der Action-Serie, James Bond jagt Dr. No, von 1962 gibt Aufschluss über die Herkunft und Jugend des Protagonisten. Bond wurde 1920 in Wattenscheid, Deutschland, als Sohn eines Schotten und einer Franco-Schweizerin geboren. Bis ins jugendliche Alter lebt er in verschiedenen Ländern, u.a. in England, Österreich, Deutschland und der Schweiz. Die Herkunft seiner Eltern und sein immer wechselndes multi-kulturelles Umfeld führten zu einer mehrsprachigen Entwicklung des jungen Mannes. Nachdem er von zwei Schulen geflogen war, tritt er mit 17 Jahren der Marine bei. Während seiner Zeit dort geht er seiner Leidenschaft für Fremdsprachen mit einem Sprachen-Studium intensiv nach, mit dem Resultat, dass 007, wie wir ihn kennen, fließend Deutsch, Englisch, Französisch, Japanisch und Russisch spricht und darüber hinaus über Grundkenntnisse in Spanisch, Dänisch, Afghanisch und Arabisch verfügt. Diese enormen Fremdsprachenkenntnisse, seine Herkunft und der intensive Kontakt zu verschiedenen Kulturen während seiner Jugend bilden bereits die Voraussetzung für eine interkulturelle Sensibilisierung Bonds.

Und tatsächlich lassen verschiedene Eigenschaften, die wir in 60 Jahren Bond-Unterhaltung an unserem Action-Star kennen, bewundern und lieben lernten, darauf schließen, dass er die Voraussetzungen genutzt und interkulturelle Kompetenzen entwickelt hat. Seine weltgewandte, selbstsichere und flexible Art ist für seinen Beruf höchst förderlich und hilft ihm, auch schwierige Situationen zu meistern. Wenn man in verschiedenen Filmen der Agenten-Serie einmal genau darauf achtet, bemerkt man schnell, dass es in Situationen der interkulturellen Konfrontation so gut wie niemals zu einer Konfliktsituation aufgrund unterschiedlicher kultureller Gegebenheiten und Denkmuster kommt. In Skyfall wird bereits zu Beginn des Filmes eine solche Szene beschrieben. Während des Kampfes auf dem Dach eines Zuges wird Bond versehentlich von einer Kollegin, die aus großer Entfernung versucht, seinen Gegner zu treffen, angeschossen und fällt von einer Brücke in den tief darunter gelegenen Fluss. Vom MI6 wird er für tot erklärt, doch er überlebt durch die Hilfe und Zuneigung einer Einheimischen. Bond bleibt in dem kleinen türkischen Dorf und genießt seinen Tod, wie er es selbst später bezeichnet, fernab von London und seinem Leben als Agent. Die besagte Szene zeigt ihn an der Theke der Bar des Dorfes, umgeben von Türken, die ihn allesamt anfeuern. In der Hand hält der Agent ein Glas mit Schnaps und auf der Hand sitzt ein daumengroßer Skorpion. James zögert, lässt sich weiter anfeuern und trinkt schließlich. Blitzschnell ist die Bewegung, in der er das Glas ansetzt, trinkt und es andersherum und über dem bedrohlichen Tier wieder abstellt, um es einzusperren und so außer Gefecht zu setzen. Jubelrufe sind die Antwort auf das geglückte Manöver. Es scheint sich dabei um eine türkische Tradition zu handeln oder zumindest um einen im Dorf üblichen Brauch. Es wäre denkbar, dass es eine Art Test ist für Neuankömmlinge, die sich auf diese Weise behaupten und sich so Respekt unter den Männern der Gemeinde verschaffen. Als Bond währenddessen kurz zögert, verstummt die Menge abrupt. Diese Reaktion vermittelt den Eindruck, dass es sich keinesfalls um ein lustiges Spiel handelt. Bond weiß ob der Bedeutung dieses Brauches und passt sich an. Die Szene zeigt, dass er fähig ist, die Wichtigkeit einer Situation wie dieser zu erkennen und interkulturell kompetent zu handeln. So vermeidet er einen Konflikt mit den Einheimischen, die es sicher nicht akzeptiert hättem, wenn ihr Gast sich dem Brauch verweigert hätte.

Gepaart mit Szenen aus anderen Bond-Filmen, die zu analysieren den Rahmen dieses Artikels sprengen würden, kann also festgehalten werden, dass der Titelheld mit all seinen Fähigkeiten und Eigenschaften auch über interkulturelle Kompetenzen verfügt. Das uns vermittelte weltoffene und anpassungsfähige Bild von ihm wird jedoch teilweise abgeschwächt durch die Art und Weise, wie die verschiedenen Regionen und Kulturkreise als Schauplätze der Geschichte dargestellt werden. Für die Veranschaulichung dieses Gedankens eignet sich eine andere Szene vom Anfang des Filmes. Bevor es zum Kampf auf dem Dach des Zuges kommt, jagt Bond seinen Gegner zunächst mit dem Auto, dann mit einem Motorrad durch die Straßen Istanbuls. So wie in Der Spion der mich liebte von 1977 die Bilder Ägypten als ein exotisches Land wie aus Tausendundeiner Nacht darstellen mit der Betonung auf Pyramiden, Wüste und Kamelen, zeigt die Anfangsszene des neuen Bonds Bilder, die jeder auf Anhieb mit der Türkei verbindet. Die Verfolgungsjagt zieht sich durch enge Gassen gesäumt von Menschen zwischen Obst- und Gemüseständen, über die Dächer des Großen Basares mit Blick auf die majestätische Neue Moschee und schließlich auch durch den Großen Basar hindurch. Innerhalb kürzester Zeit wird ein Bild von der Türkei gezeichnet, das allgemein aus Reiseführern bekannt ist. Insofern handelt es sich hier nicht um die realistische Darstellung eines fremden Landes und einer fremden Kultur. Vielmehr werden dem Zuschauer ihm bereits bekannte Schauplätze und Gebäude präsentiert und so das Denken in Vorurteilen und Stereotypen angeregt. So geschieht es in der Mehrzahl der Filme und die weltoffene Persönlichkeit Bonds wird wieder in Frage gestellt. Auch die Tatsache, dass er sich immerzu westlich kleidet, die teuersten Autos fährt, in den luxuriösesten Hotels nächtigt und diniert spricht nicht gerade für bedingungslose Anpassung. Doch im Widerspruch dazu steht in Skyfall, dass Bond über einen längeren Zeitraum, während er genest, im Dorf in einer Hütte und ohne jeglichen Luxus lebt und es, so scheint es, sogar genießt.

 

Betrachtet man nun alle Faktoren, lässt sich zusammenfassen, dass James Bond sich offen und anpassungsfähig in interkulturellen Begegnungen verhält. Er verfügt über ein großes sprachliches und kulturelles Wissen und umgeht dadurch geschickt mögliche Missverständnisse und Konflikte. Zwar gelingt eine angemessene Darstellung fremdländischer Schauplätze nur vereinzelt, doch dies betrifft eher die allgemeine Wirkung der Bond-Serien auf die Öffentlichkeit, als die Person des James Bond selber. Es bleibt festzuhalten: James ist interkulturell kompetent und kann dem Publikum der ganzen Welt ein Vorbild sein. Und was seinen luxuriösen Lebensstil betrifft – auch wenn dieser nicht mit seiner sonst so anpassungsfähigen, weltoffenen und bescheidenen Art übereinzustimmen vermag, Bond wäre nun einmal nicht Bond ohne Geld, schicke Autos und schöne Frauen.

 

Autorin: Janna Pressentin

Intifada arabischer Frauen Die Zeit seht niemals still: Nach dem „Arabischen Frühling“ nun der „Arabische Herbst“

Vor einem Monat haben fünf Frauen aus dem Libanon die Facebook-Gruppe „انتفاضة المرأة في العالم العربي“ „Der Aufstand der Frauen in der arabischen Welt“ gegründet (http://www.facebook.com/intifadat.almar2a?ref=ts&fref=ts).  Nach dem Motto „Together for Fearless, Free & Independent Women“rufen sie zu einem gemeinsamen  Aufstand von Männern und Frauen gegen die Unterdrückung der Frau in der arabischen Welt auf.  Frauen sollen, ebenso wie Männer,  nach der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte behandelt werden.

In dieser kurzen Zeit haben sie es geschafft, über 60.000 Unterstützer zu gewinnen. Das Besondere dabei ist, das es nicht nur junge Frauen aus einer bestimmten Region sind, die ihre Unterstützung bekunden. Es ist eine heterogene Gruppe, zu der Studentinnen , Teenager und Mütter, aber auch Männer  aus aller Welt zählen, die durch das Posten von Bildern erklären, warum sie den Aufstand der Frauen unterstützen. Dabei handelt sich oft um sehr konkrete Beispiele, die von sexueller Belästigung bis zu dem Verbot, die eigene Nationalität an die Kinder weiter zu geben, handeln.

 

Ein konkretes Thema, das besonders Frauen aus Saudi-Arabien und dem Jemen fordern, ist das Recht, Auto zu fahren. „Es ging nie um das Autofahren an sich. Autofahren ist nur ein Symbol. Ich mag es noch nicht mal. Selbst wenn ich fahren könnte, würde ich es wahrscheinlich nicht machen; ich habe lieber einen Chauffeur. Worum es wirklich geht, ist die Emanzipation und Mobilität der Frau.“, schrieb die Geschäftsfrau Aisha Al-Mana, die dadarufhin gezwungen war, ihre Wohnung und ihren Job in Rihad zu verlassen.

Das Bild der saudi-arabischen Bewegung “#WOMEN2DRIVE”, die sich ebenfalls für die Mobilität der Frauen einsetzt, zeigt eine Frau mit Kopftuch.

 

 

 

 

 

Die Facebook-Gruppe ist kein Protest gegen den Islam oder das Tragen des Kopftuches. Es richtet sich gegen das Verständnis des Islams.  „Der Islam ist meine Bestimmung“, schreibt beispielsweise ein Mädchen aus dem Sudan. Und auch Halem, ein 24-Jähriger Jurastudent aus Kairo, bestätigt dies:  “Ich habe ein Foto gesehen auf dem eine Frau ihren Schleier demonstrativ abgelegt hat, weil sie endlich Luft und Sonne an ihr Haar lassen möchte. Auf einem anderen Foto beklagt eine Frau, die freiwillig das Kopftuch trägt, dass ihr die so genannten gebildeten Leute immer vorwerfen, eine Frau mit Kopftuch sei weniger intelligent als eine ohne. Das verdeutlicht genau, was ich fordere: das Recht der Frau auf Selbstbestimmung.”

Neben diesen Bekenntnissen zur Selbstbestimmung der Frau gibt es auch harsche Reaktion aus der Gesellschaft gegen den Aufstand. Renad, 26, aus dem Jemen hat ein Bild von sich mit einem Schild, auf dem steht: “Weil wir dieselbe Zukunft teilen bitte ich Dich heute: Mach mit bei der Frauenrevolte!”, gepostet. Ein Jemenit kommentiert es mit den Worten: “Wenn sie meine Schwester wäre, würde ich ein Dutzend Gewehrpatronen auf sie abfeuern.” Gegenstimmen kommen dabei nicht nur von Männern sonder auch von Frauen. Dou‘aa Hassan aus Kairo, fragt ganz offen und einfach: „Warum? Es irritiert mich.“

Durch die Gruppe ist eine Diskussionsplattform und ein Netzwerk entstanden, das auf die Situation der Frau in den arabischen Ländern aufmerksam macht, Veränderungen dokumentiert und zum Handeln aufruft. Als nächste Aktion soll durch Graffiti  und Plakate an Häuserwänden für die Selbstbestimmung der Frau gekämpft werden. Damit die Veränderungen auch in den Häusern ankommen. Denn wie ein syrisches Mädchen schreibt: „Mein Körper gehört mir. Er gehört nicht den Liberalen, deren einziges Ziel ist, ihn zu enthüllen, und auch nicht den Radikalen, deren einziges Ziel ist ihn zu verhüllen.“

 

Autor: Anna Fiege