Archive for August 2013
Good morning in Deutschland!
Deutschland gehört zu den Ländern, die an der weltweiten Vernetzung intensiv beteiligt sind. Daher strömen auch hier bestimmte kulturelle Einflüsse ein, die sich unterschiedlich stark durchsetzen und auswirken können. Sei es durch Immigranten, durch ausländische Unternehmen und deren Mitarbeiter, durch viele Geschäftsreisende aus wirtschaftlich enger mit Deutschland kooperierenden Ländern oder durch Werbung für ausländische Produkte.
Zwischen Deutschland und beispielsweise den USA bestehen enge wirtschaftliche und handelspolitische Verbindungen. Damit gehören die USA zu Deutschlands engsten Verbündeten außerhalb Europas, und trotz der aktuellen US-Überwachungsaffäre oder des Falls von Snowden wird sich daran voraussichtlich nichts ändern. Alleine in 2011 betrug der Export nach USA 73,7 Mrd. EUR, der Import von den USA erreichte 48,3 Mrd. EUR.
Ob aus den USA oder aus anderen Ländern – je nach dem, aus welcher Kultur Besucher stammen, werden sie das Leben in Deutschland unterschiedlich betrachten. Offensichtliche, alltägliche Merkmale aber zeigen, was als „besonders deutsch“ wahrgenommen wird und sich bisher nicht oder nur wenig durch anderskulturelle Einflüsse verändert hat.
Wo bin ich?
Der Ingenieur Douglas B. aus den USA ist beruflich in vielen unterschiedlichen Ländern in so kurzen Abständen unterwegs, dass er immer wieder mit einem kleinen Problem zu kämpfen hat. Er hat beim morgendlichen Aufwachen im Hotel oft Mühe sich zu erinnern, an welchem Ort auf der Welt er gestern eingeschlafen ist. Natürlich gelingt es ihm nach einer kurzen Weile und er kann beginnen, sich auf den Tag und auf die Arbeitskollegen einzustellen. Wir haben mit ihm gesprochen und gefragt, was bei seinem Aufenthalt ihm spätestens verraten hätte, dass er gerade in Deutschland ist.
Douglas, woran merkst Du als Amerikaner, dass Du in einem deutschen Hotel bist?
Schon der Blick über das Frühstücksbuffet würde mir sagen, dass ich mich in Deutschland befinden muss. Weil sich hier die berühmte Vielfalt an Brotsorten abbildet, abseits vom Weißbrot, das man in den USA kennt. Schwarzbrot, Vollkornbrot, Graubrot, Körnerbrötchen – die Auswahl in Deutschland ist sehr groß.
Und außerhalb des Hotels?
Heute Morgen zum Beispiel, vor dem Hotel. Da wurde ich relativ schnell wieder erinnert, dass es in Deutschland sehr viele Radfahrer gibt, die es gewohnt sind, die eigens gebauten Radwege für ein möglichst zügiges Vorankommen nutzen zu können. Hier muss man aufmerksam sein, sonst kann es für einen Fußgänger beinahe so gefährlich werden wie auf der Straße selbst. Zumindest bekommt man einen gehörigen Schrecken und vielleicht noch eine kleine Einführung in deutsche Rhetorik für konflikthafte Verkehrssituationen.
Wirken die Deutschen also hektisch auf Dich?
Keineswegs, und da können wir gleich bei heute Morgen bleiben. In der U-Bahn-Station kann man sehen, wie diszipliniert und relativ ruhig es im Öffentlichen Personenverkehr zugehen kann, trotz der morgendlichen Rush Hour. Ich finde es faszinierend, wenn die Menschen hier auf der Rolltreppe rechts stehen und den Platz links neben sich für Eiligere frei lassen, damit diese vorbeigehen können.
Ganz abgesehen von dem Verständnis, das man als Fremder spürt. Wenn man bei der Bedienung eines Fahrkartenautomaten allzu unsicher wirkt, fällt dies manchem Deutschen schnell auf und er bietet freundlich seine Hilfe an.
Welcher von den ersten äußerlichen Eindrücken hat Dich am meisten überrascht?
Ganz anders als in den USA, wundert man sich hier nicht, wenn jemand mit einer Flasche Bier in die U-Bahn einsteigt oder eine Gruppe junger Menschen mit Alkohol-Mischgetränken auf dem Weg ist. Alkoholgenuss in der Öffentlichkeit ist nicht unbedingt Tabu und nicht verboten.
Sprechen Deutsche eigentlich gut Englisch?
Im Allgemeinen schon. Obwohl sie es nicht wahrhaben wollen. In der neuen Niederlassung des Unternehmens angekommen, wurden mir die neuen Kollegen vorgestellt. Auf einen Satz braucht man als Native Speaker auch beim ersten Smalltalk nicht lange zu warten: „My English is not so good“, hört man Deutsche oft reflexartig und entschuldigend sagen. Man würde gern perfekter sprechen, soll es wohl bedeuten. Dabei ist das Englisch hier oft viel besser verständlich als in anderen Ländern. Und für eine gute Verständigung muss es nicht gleich perfekt sein.
Douglas, vielen Dank für das Gespräch und noch viel Erfolg für Deinen Aufenthalt in Deutschland!
Das Interview wurde von Elisabeth Koenig am 23.07. 2013 auf Englisch geführt.