Kolumbien – Barranquilla – Tobi
Von A wie Alaska nach V wie Vietnam – ganz persönliche Auslands -Stories
„zeige nicht was du hast“
Tobi (21, Barranquilla, 6 Monate Auslandssemester)
Was ist dein am meisten in Erinnerung gebliebenes interkulturelles Erlebnis von deinem Auslandsaufenthalt, bei dem du gemerkt hast: „Ja, die deutsche Kultur unterscheidet sich von der kolumbianischen.“?
“Das erste Erlebnis dieser Art hatte ich direkt nach meiner Ankunft. Ich wusste zwar, dass Kolumbianer als sehr offen und freundlich gelten, war aber trotzdem beeindruckt, als mich ein Freund in Bogotá sofort in seiner Wohnung aufgenommen hat. Ich hatte ihn vor einem Jahr in Bolivien kurz (zwei Abende) kennengelernt und er stellte mir seine Wohnung einfach so für den Aufenthalt in Bogotá zur Verfügung, als wäre das eine Selbstverständlichkeit.”
Was schätzt du nach deinem Auslandsaufenthalt an Deutschland besonders?
“In Deutschland schätze ich mittlerweile besonders die Zuverlässigkeit und das vorausschauende, logische Denken. Hier in Kolumbien lebt man mehr in den Tag. Termine und Treffen werden nicht wirklich ernst genommen und Manches macht einfach keinen Sinn. Normalerweise bin ich ein großer Verteidiger von Spontanität und Unabhängigkeit, wenn man allerdings vieles nicht auf die Reihe bekommt, da man sich davor schlicht keine Gedanken gemacht hat, ist niemandem geholfen. Leider habe ich das hier schon viel zu oft erlebt.”
Welches Verhalten sollten deiner Meinung nach die Deutschen von den Kolumbianern übernehmen?
“Ich weiß es ist ein Klischee, doch vor allem auf Reisen in Südamerika fällt mir immer wieder auf: In Deutschland ist alles geregelt und geplant. Eines der besten Beispiele ist vielleicht die Tatsache, dass ein Fernreisebus nur an offiziellen Haltestellen hält. In Kolumbien ist man da flexibler. Reisende werden am Straßenrand aufgenommen und auf Wunsch wir immer und so gut wie überall gehalten. Dieses Verhalten könnte man als „logisch flexibel“ bezeichnen, ist selbstverständlich in vielen Bereichen des Alltags in Kolumbien und genau das fehlt mir in Deutschland oft. Der vorbestimmte Trott ist viel zu fest gefahren und unbeweglich.”
Haben sich die Klischees über Kolumbien bewahrheitet oder sind sie unangebracht?
“Von der offenen und freundlichen Art der Kolumbianer habe ich ja schon erzählt, deshalb hier zu einem anderen Thema:
Wenn man in Deutschland an Kolumbien erwähnt, denken die meisten leider nur an Gewalt, Drogen und Kaffee. Natürlich hat das Land strukturelle Probleme, die noch immer offensichtlich sind und in einigen Teilen des Landes spielt der jahrzehntelange bewaffnete Konflikt noch immer eine große Rolle. Doch Kolumbien hat auch eine sehr moderne Seite und vor allem Touristen und Austauschstudenten dürfen sich hier normalerweise sicher fühlen. Beispielsweise war es für mich hier im Norden (in anderen Teilen der Stadt sollte man sich nicht rumtreiben) von Baranquilla bis jetzt nie ein Problem, nachts alleine durch mein Viertel zu laufen. Auch Nachtbusse kann man völlig gefahrlos verwenden und niemandem, der ein bisschen mitdenkt, passiert hier in Kolumbien schlimmeres, als bestohlen zu werden. Es gibt hier allerdings ein 11. Gebot: „No des Papaya“ was so viel heißt wie „zeige nicht was du hast“. Wer sich daran nicht hält, hat wenigstens eine Teilschuld an potentiellen Diebstählen.”
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Autorin: Magali Wrana