Reisen
Australien – Perth – Leonie
Von A wie Alaska nach V wie Vietnam – ganz persönliche Auslands-Stories
„No worries, mate!“
(Leonie, 22, Perth, 8 Monate Au-Pair)
„Die Australier sind wesentlich offener als die Deutschen. Anfangs war ich noch ziemlich verwirrt wenn die Kassiererin an der Supermarktkasse mich auf einmal fragte wie es mir geht oder mich sogar mit „sweety“ ansprach. Ich meine wenn mich hier in Deutschland die Mitarbeiter/innen von REWE mit „Hey wie geht’s dir Süße?“ ansprechen, würde ich mich zwar geschmeichelt wegen des Flirtversuches fühlen, aber dennoch schnellstmöglich den Laden verlassen. In Australien war es völlig normal sich mit jedem kurz zu unterhalten, egal ob man sich vorher noch nie gesehen hat. Außerdem ist der Lieblingsspruch der Australier „No worries, mate!“. Das ist quasi ihre Antwort auf alles!! Du bist mit deinem Auto liegengeblieben? „No worries, mate!“ Du hast dir deinen Fuß gebrochen? „No worries, mate!“ Du warst mit deiner Hostfamily campen und triffst eine handgroße Huntsmanspider unter der Dusche? “No worries, mate! Let’s call it Bob!” Jaaa Australier sind definitiv entspannter als wir Deutschen.“
Was könnten sich die Deutschen von den Australiern abschauen?
„Ich finde wir sollten auch etwas entspannter werden. Manchmal hat mich die no-worries-mate-Philosophie zwar verrückt gemacht, aber im Großen und Ganzen haben die Australier Recht. Keine Sorge Kumpel, das wird schon! Außerdem gefällt mir ihre offene Art viel besser. Warum sollte man denn nicht den Postboten einfach mal fragen wie es ihm geht? Schließlich ist es schön etwas mehr über seine Mitmenschen zu erfahren. Nur so habe ich zum Beispiel herausgefunden, dass unser Briefträger frisch Papa geworden ist.“
Und die Australier von den Deutschen?
„Die deutsche PÜNKTLICHKEIT und Zuverlässigkeit. Nichts ist nervenaufreibender als vor dem ersten Fallschirmsprung deines Lebens eine dreiviertel Stunde auf den Piloten des Flugzeuges warten zu müssen und als Entschuldigung ein trockenes „No worries, mate!“ zu bekommen.“
Haben sich die Klischees über Australien bewahrheitet?
„Eigentlich halte ich nicht viel von Klischees, allerdings muss ich sagen, dass die Meisten tatsächlich zutreffen.”
-„Australier sind sehr nationalbewusst“ Ohhhh yeees!! Die Aussies sind tatsächlich mehr als stolz auf ihr Land. Am Meisten zeigt sich das durch den Australiaday am 26. Januar. Alle rennen in den Farben ihrer Nationalflagge rum und abends gibt es dann ein riiiesen Feuerwerk.“
-„Australier sind entspannter“. Jap bereits von mir bewiesen.”
-„Australier haben keine Angst vor giftigen Schlangen, Haien und Spinnen“. Richtig. Ich weiß nicht wie oft ich ausgelacht wurde weil ich ausgerastet bin bei einer Spinne. Ich musste mir Sprüche anhören wie „aaaach die Spinne da? Das ist noch ein Baby.“, „Leonie wenn du heute an den Pool gehst, da war gestern eine Schlange im Garten, bleib einfach ruhig dann haut sie ab“, „Nein, nein die Spinne ist für Erwachsene nicht tödlich, nur für Kinder“, „Wenn du im Meer baden gehst, sieh einfach zu dass eine andere Person immer weiter draußen ist als du“, „Die Spinne? Nein die ist nicht giftig die springt nur“. Als Tourist darf man keine Angst zeigen, sonst wird man damit aufgezogen. Für immer.”
#Reisebericht #Australien #Reise #AuPair #interkulturell #Erfahrungsbericht
Autorin: Magali Wrana
Von A wie Alaska nach V wie Vietnam – ganz persönliche Auslands-Stories
Wir haben Leute befragt, wie sie ihre Träume von der weiten Welt verwirklicht haben. Der Eine studierte an einer ausländischen Universität, der Andere lernte das fremde Land durch einen Au-Pair-Aufenthalt kennen, bei dem man sich um die Kinder einer Familie kümmert und dafür umsonst bei der Familie wohnen kann, und der Nächste reiste nur mit einem Rucksack im Gepäck durch die Weiten des Kontinents.
Viele spannende Erfahrungsberichte von der ganzen Welt können Sie hier in den nächsten tagen lesen.
Wir starten mit den USA – das Land der Träume. Vielen wollten schon immer einmal nach Amerika reisen. Für Bettina ist dieser Traum in Erfüllung gegangen. Sie war für 1 Jahr in den USA, Texas, und hat bei einer Gastfamilie als Au-Pair gearbeitet. Sie lernte nicht nur die Menschen und somit auch die amerikanische Kultur kennen, sondern hatte gleichzeitig die tolle Gelegenheit, viel zu reisen und sich das Land genauer anzuschauen.
Schauen Sie sich Bettinas individuelle Eindrücke und Erlebnisse von ihrem Auslandsaufenthalt hier im Video-Interview an:
In Teil I geht es um:
•• Klischees
•• (Un)schönster Moment
In Teil II finden Sie:
••Unterschiede Deutschland – Texas
••Arbeitsalltag
Teil III:
••Tipps für die Reise nach Texas
#Reisen, #USA, #Texas, #Karriere, #Ausland, #kulturelleErfahrungen, #interkulturelleKompetenz, #Aupair
Das Team von culture.communication bedankt sich ganz herzlich bei Bettina Gautel für das Interview!
Autorin: Magali Wrana
Interview – Outtakes: Bettina Gautel (Texas)
Nächste Woche startet unsere Reihe “Von A wie Alaska nach V wie Vietnam – ganz persönliche Auslands-Stories”, bei der Menschen von ihren mehrmonatigen Auslandsaufenthalten rund um den Globus Spannendes und auch Unerwartetes berichten.
Ein Interview mit Bettina Gautel über ihre Erlebnisse in Texas, USA, gibt es nächste Woche zu sehen. Hier schonmal ein kleiner Vorgeschmack:
#Reise #Ausland #Auslandserfahrung #Texas #USA
Autorin: Magali Wrana
3 Transportmittel – 3 Stunden – 1 Happy End
„Ich war für zwei Monate auf der im indischen Ozean liegenden Vulkaninsel „La Réunion“, die zu Frankreich und somit zur Europäischen Union gehört, um ein Praktikum zu machen. Sie stellt den südlichsten Punkt Europas dar. Neben exotischen Palmen, Früchten, dem herrlich warmen Wasser und der wunderschönen Wanderwege ist mir vor allem die Hilfsbereitschaft der Einheimischen aufgefallen.
Ich hatte vor, mir ein Mountainbike zu kaufen, um viele Ausflüge mit dem Fahrrad zu unternehmen. Im Internet bin ich schnell fündig geworden und habe mich auf den Weg gemacht, um das 50 Euro günstige Fahrrad abzuholen und zu kaufen. Nach einer Stunde Busfahrt wartete ich am vereinbarten Ort.
(Das Busticket kostet nur 2 Euro, egal wie weit man fährt – ob 5 km oder einmal um die ganze Insel 266 km – und ob man umsteigt. Möchte man aussteigen, klatscht man zwei Mal in die Hände. Ich habe mich immer ziemlich weit nach vorne gesetzt, um sicher sein zu können, dass der Busfahrer es hört. Aber er hat jedes Klatschen, auch das der Leute, die ganz hinten saßen, gehört.)
Da aber nach 20 min immer noch niemand kam, wurde ich langsam ein bisschen nervös, da ich in einer Stunde wieder bei der Arbeit sein musste. Die Rückfahrt hatte ich auch noch vor mir. Ich hatte dann versucht, mehrmals anzurufen, aber es ging niemand ans Telefon. Irgendwann habe ich einen Anruf von der Mutter des Sohnes, der das Fahrrad eigentlich verkaufen wollte, bekommen. Ich solle doch mit dem Bus die drei Stationen bis zu ihrem Haus fahren, da sie nicht zum vereinbarten Ort kommen konnte. Der Sohn hatte den Termin wohl vergessen und war mit dem Auto fort, mit dem er eigentlich das Mountainbike zum vereinbarten Ort hätte transportieren sollen. Ich bin also zum Haus der Mutter gefahren und erwähnte aber schon am Telefon, dass ich es sehr eilig habe. Als ich ankam, wurde ich sehr freundlich begrüßt und mir wurde auch gleich etwas zu trinken angeboten. Die Mutter erzählte mir, dass ihre Tochter gleich kommen und mich mit dem Fahrrad im Gepäck wieder zum Ausgangspunkt fahren würde, damit ich wieder an der Bushaltestelle bin. Wir packten das nicht ganz saubere Fahrrad provisorisch ins Auto und fuhren zur Haltestelle, an der ich zu Beginn ausgestiegen bin.
Und genau dann sahen wir, wie der von weitem gelb leuchtende Bus abgefahren ist. Nun begann eine Verfolgungsjagd. Wir versuchten, den Bus wieder einzuholen, jedoch war es durch die kurvenreiche Straße unmöglich. Als es klar war, dass ich es nicht mehr pünktlich zur Arbeit schaffen würde, rief ich meinen Chef an, um ihn zu informieren. Die hilfsbereite Tochter bestand jedoch darauf, mich nach Hause zu fahren. Ich lehnte mehrmals ab, weil das ja über eine Stunde Fahrt gewesen wäre und dann hätten sie mir das Fahrrad verglichen mit dem Benzingeld sozusagen fast geschenkt. Wohingegen der Bus weiter in den Bergen unterwegs war, sind wir in Richtung Meer gefahren, um dort auf der flachen Schnellstraße schneller voranzukommen.
Wir haben uns super unterhalten. Ich erfuhr zudem, dass sich kurz nach meiner Anfrage zum Fahrrad ein anderer Interessent bei ihnen gemeldet hatte, um ebenfalls das Mountainbike zu kaufen. Das Unglaubliche war eigentlich, dass dieser Interessent genau im gleichen Ort wie der Fahrradverkäufer wohnte, aber da ich mich zuerst auf die Anzeige gemeldet hatte, war es nur fair, mir auch das Fahrrad zu verkaufen, erzählte sie mir. Zum Schluss wollte ich ihr noch ein bisschen Spritgeld in die Hand drücken, aber das hat sie dankend abgelehnt.
Einmal um die halbe Insel – Zeit & Geld, was für die Leute auf „La Réunion“ anscheinend nicht an erster Stelle steht.
In Deutschland ist diese Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft einfach unvorstellbar!”
#Réunion #Frankreich #Mountainbike #Kultur #Erfahrungsbericht
Autorin: Magali Wrana
“Der dritte Ort”: einmal kurz raus aus dem Alltag
Jeder braucht einmal eine Auszeit von Stress, Arbeit, Verpflichtungen und den vielen, schnellen Veränderungen im Leben. Diese Auszeit braucht einen Ort, der noch nicht mit Verpflichtungen besetzt ist, den sogenannten dritten Ort. Der erste Ort ist das Zuhause, der Arbeitsplatz ist zum zweiten Ort geworden. Nun suchen wir häufig nach einem Raum für andere Dinge, einen Raum, der etwas Anderes bietet, eine Auszeit und gleichzeitig etwas Vertrautes und Sicheres, ein Wohlgefühl.
Der Begriff Third Place vom Soziologen Ray Oldenburg steht für Plätze, an denen sich Menschen versammeln und begegnen, wie beispielsweise Cafés, Museen, Bibliotheken, Theater, Kinos, Buchläden oder Kirchen. Orte, an denen man Erholung findet, etwas erlebt, sich geborgen fühlt. Diese können traditionelle Plätze sein, wie der Stammbäcker oder Friseur, wie Ray Oldenburg es definiert, aber auch die neuen Bars, Citygärten und Shoppingzentren werden zu dritten Orten.
Besonders an Plätzen, wo Mobilität und Individualismus die beiden Grundprinzipien sind, ist es wichtig, solche dritten Orte zu schaffen. Flughäfen, wie beispielsweise der Changi Airport in Singapur, bieten solche Orte für die Transitgäste an. Um sich aus dem Jetset auszuklinken, kann man dort schwimmen gehen oder in einem Garten verweilen. Auch die Menschen in den Metropolen wissen sich zu helfen: Sie betreiben Urban-Gardening und schaffen sich so eine grüne Oase für Ruhe und gemeinsames Arbeiten mitten in der Stadt. Diese sind zum Beispiel auf Dächern, wie die Eagle Street Rooftop Farm in New York oder der Mintzgarten in Wien. Oder sie verweilen an der Strandbar mitten in der Stadt, wie in Berlin an der Spree oder in Hannover an der Leine.
Dritte Orte müssen nicht unbedingt als tatsächliche Orte existieren. Auch Erinnerungsstücke, Bücher oder Briefe können zu Dritten Orten werden. Überall dort, wo man sich aus dem beschleunigten Alltag entziehen kann und eine Nische findet, in der man frei ist, hat man seinen dritten Ort gefunden. Besonders in diesen Freiräumen entstehen neue Ideen und Kreativität – eine Bereicherung.
Was haben Sie für dritte Orte für sich entdeckt? Wir sind gespannt! Und wenn Sie noch keinen haben, dann halten Sie einfach Ausschau, wenn Sie beim nächsten Mal unterwegs beim Fastfood, beim Italiener um die Ecke oder am Flughafen sind. Teilen Sie die Orte mit anderen Menschen, ob digital oder analog.
#ThirdPlace #DritterOrt #rausausdemalltag
Autor: Rebekka Mitz
CulturExperience präsentiert: Indonesien, Neuseeland und Tonga
Der Bachelor ist geschafft – doch wie soll es danach weiter gehen? Diese Frage hat sich auch Elisa Schulzki (24 Jahre) gestellt, und beschlossen, erst einmal für ein halbes Jahr auf Reisen zu gehen. Über Indonesien ging es nach Neuseeland, und von dort aus nach Tonga, einem kleinen Inselstaat im Südpazifik. Eine solche Reise bringt unzählige, interkulturelle Begegnungen mit sich – Elisa berichtet von ihren interessantesten Momenten.
Das ganze Interview hier:
culturExperience präsentiert: Papua-Neuguinea
Im Alter von 5 Jahren ist Rebekka Mitz mit ihren Eltern, die als Entwicklungshelfer tätig sind, nach Papua-Neuguinea gezogen. Fast 5 Jahre hat sie dort gelebt. Wie sieht der Alltag in Papua-Neuguinea aus? Wie war es, nach einer so langen Zeit wieder nach Deutschland zurückzukehren? Inwiefern hat der Auslandsaufenthalt ihr Leben nachhaltig geprägt?
#Reise #Kultur #InterkulturelleKompetenz #Ausland
Leben im Ausland – was dir bis jetzt noch niemand darüber gesagt hat
Der Originaltext unseres Artikels zum Thema „Leben im Ausland“ stammt aus dem Blog von Agnieszka, die ursprünglich aus Polen kommt und zurzeit in Mexiko lebt. Uns hat der Text so gut gefallen, dass wir ihn mit ihrer Erlaubnis für Sie ins Deutsche übersetzt haben (den Originaltext auf Polnisch finden Sie hier: http://bit.ly/1IyUzP6)
Haben auch Sie schon einmal längere Zeit im Ausland verbracht? Dann werden Sie sich bestimmt in dem Artikel wiederfinden. Oder haben Sie vielleicht noch andere, spannende Erfahrungen im Ausland gesammelt, die Sie gerne teilen würden? Wir freuen uns auf Ihre Kommentare!
Vor einigen Jahren habe ich schon einmal ein Jahr im Ausland verbracht. Aktuell lebe ich nun seit bereits 3,5 Jahren in einem anderen Land. Auch wenn das vielleicht keine wirklich lange Zeit ist, ist es dennoch lange genug, um ein paar wichtige Dinge realisiert zu haben.
Zweifelsfrei ist es von Bedeutung, in welchem Land du lebst und wie sich dein Umfeld, bestehend aus Beziehungen, Familie und Arbeit, dort gestaltet. Auch deine eigene Persönlichkeit und der Grund dafür, dass du gerade dort bist, wo du bist, spielen eine wichtige Rolle. Doch trotzdem wage ich es, ein paar Verallgemeinerungen aufzustellen, indem ich sowohl meine eigenen Erfahrungen, als auch die meiner Bekannten so zusammenfasse, dass daraus ein paar Aspekte entstehen, die alle, die außerhalb ihres Heimatlandes leben, teilen können (aber nicht müssen). Bei meinen Ausführungen möchte ich nicht den Begriff „Emigration“ verwenden, da ich diesen mit einer Art Zwang assoziiere, das eigene Land zu verlassen – doch mich hat niemand gezwungen. Aus diesem Grund benutze ich den einfachen Ausdruck „Leben im Ausland“ und stelle euch rund um dieses Thema meine Überlegungen und Schlussfolgerungen vor, die mir erst während meines Auslandsaufenthaltes aufgefallen sind.
1. Du wirst viel über dein Land gelernt haben. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass dir unaufhörlich Fragen gestellt werden. Diese beziehen sich auf die Bevölkerungszahl, das Durchschnittseinkommen, Geographie, Geschichte, Musik, Währungssystem, und vieles mehr. Um in dieser Situation nicht dumm dar zu stehen, wirst du dieses Grundwissen – und noch vieles mehr – im Schlaf beherrschen.
2. Du wirst viele unterschiedliche Menschen kennenlernen, die dir alle die gleichen Fragen stellen, wie beispielsweise die folgenden: Woher kommst du? Was machst du hier? Wieso bist du hier her gekommen? Wo liegt denn Polen? Nach einer Weile wirst du all diese Fragen fehlerfrei, wie aus der Pistole geschossen, beantworten können. Dabei wirst du lernen, sehr geduldig zu sein.
3. Anfangs wirst du alles, was dich an dein Heimatland erinnert, vermissen – sogar Dinge, die du eigentlich nie wirklich gemocht hast. Ich selbst habe viele Produkte, beispielsweise „Vogelmilch“ (eine polnische Spezialität, die man als Praline mit schaumiger Füllung und Schokoladenüberzug beschreiben kann), Kuhbonbons, Kabanossi, und vieles mehr aus Polen mitgenommen, obwohl ich all das dort eigentlich nie gegessen habe! Die Tatsache, etwas nicht bekommen zu können, macht es eben umso begehrenswerter. Doch nach einiger Zeit lässt das nach.
4. Du wirst zum ersten Mal in deinem Leben Piroggen selbst gekocht haben. Dabei entscheidest du dich vermutlich für die russischen (mit einer Quark-Zwiebelfüllung), denn die sind am einfachsten. Außerdem wirst du zum ersten Mal Kohlrouladen, Frikadellen, Rote-Bete-Suppe und Apfelkuchen selbst machen und wirst so schnell zum Experten der polnischen Küche.
5. Du wirst viele Menschen aus verschiedenen Kulturen und Sprachkreisen kennen gelernt haben. Deine neuen Bekannten wohnen über die ganze Welt verteilt, und egal an welchem Flughafen auf der Welt du dich gerade befindest, es gibt überall jemanden, den du besuchen kannst.
6. Du wirst Menschen kennen gelernt haben, die du in Polen nie kennen gelernt hättest; du wirst mit Menschen befreundet sein, mit denen du in Polen nie befreundet gewesen wärst. Situationen, in denen du dich befindest, verändern deine Ansichten und Erwartungen zum Leben im Allgemeinen. Auch dein Empfinden dafür, wie wichtig oder unwichtig bestimmte Dinge sind, wird sich ändern.
7. Wenn du eine Beziehung mit einer Person aus einem anderen Land eingehst, wirst du alle Vor- und Nachteile kennen lernen, die eine Beziehung, in der du auf einer anderen Sprache kommunizierst, mit sich bringt. Natürlich wird es schwierig sein, Emotionen, Gedanken und Gefühle auszudrücken – aber du wirst auch schnell feststellen, dass es gerade deswegen auch einfach sein kann. Denn wenn man über manche Themen nicht sprechen kann, können auch keine Probleme daraus entstehen. Ein weiterer, praktischer Vorteil ist, dass du jederzeit die plausible Möglichkeit hast, zu behaupten, etwas missverstanden oder gar nicht so gemeint zu haben.
8. Du wirst alte Stereotypen überwunden und neue kennen gelernt haben. Es ist erstaunlich, wie schnell wir uns an Neues gewöhnen und uns Altes abgewöhnen. Du wirst die Sitten, die Bräuche, und zu einem bestimmt Ausmaß sogar die Denkweise des Landes, in dem du gerade lebst, übernehmen. Auch die Denkweise der Menschen, die du triffst, wird einen Einfluss auf dich haben.
9. Es gibt Dinge aus deinem Heimatland, die du immer vermissen wirst: Deine Familie, deine Freunde, das Essen, deine Lieblingszeitung, oder auch dein Lieblingsprogramm im Radio oder Fernsehen.
10. Du wirst zum Experten, wenn es um die Suche nach Flug-, Bus- oder Zugverbindungen geht. Deine Reisen nach Hause werden mehr als 24 Stunden dauern, du wirst nicht nur im Hotel, sondern auch in Flughäfen oder Bahnhöfen übernachten. Reisen wird für dich bald kein Problem mehr sein, da du jeden Flughafen in- und auswendig kennen wirst und Dinge wie einen verpassten Flug oder verlorenes Gepäck natürlich schon erlebt hast.
11. Bei jeder Reise wirst du überzeugt sein, dass dein Gepäck beim nächsten Mal weniger wiegen wird. Wenn du in dein Heimatland fährst, nimmst du nicht mehr so viele Sachen mit; so kommt zum Beispiel nur noch eines anstelle von drei Büchern in dein Handgepäck. Du wirst dir vornehmen, dir wegen deines Gepäcks keinen Stress mehr zu machen. Aber ganz schaffen wirst du das vermutlich nie.
12. Bei jedem Besuch in Polen wirst du zugenommen haben. Egal, ob du eine Woche oder zwei Monate da bist: Du wirst jedes Mal zunehmen.
13. Du wirst bemerkt haben, dass du „nach Hause fahren“ sowohl für die Hinfahrt, als auch für die Rückfahrt benutzt. Auch den Ausdruck „zurück kommen“ wirst du für beides verwenden. Der Begriff „zu Hause“ wird also sehr relativ sein.
14. Du wirst ständig auf etwas warten, vor allem auf die Rückkehr in dein Heimatland. Du wirst warten und vermissen, bis es endlich so weit ist – doch dann geht das Warten und Vermissen direkt weiter, nur dass du dieses Mal das andere Land vermisst. Du wirst warten, bis jemand kommt, um dich zu besuchen. Es bleibt also ein ständiges Warten und Vermissen. Doch das ist gut so, denn es ist ja auch schön, auf etwas zu warten.
15. Du wirst dich immer von jemandem trennen, du wirst immer irgendwo fehlen. Wenn du nach Polen fährst, verpasst du alles, was in deinem aktuellen Heimatland geschieht, und wenn du Polen wieder verlässt, wird dir all das entgehen, was du dort zurücklässt. Auch wenn das natürlich schwierig ist, ist es dennoch schön, dass es immer jemanden geben wird, der auf dich wartet. Jemanden, der zum Flughafen kommt, um dich abzuholen; jemanden, der glücklich ist, dass du „zurück“ bist.
16. Du wirst gelernt haben, stets mehr Distanz zu bewahren. Du wirst gelernt haben, materielle Dinge mit Distanz zu betrachten, denn du wirst nie alles mitnehmen können. Dadurch wirst du lernen, Dinge zurück zu lassen. Dir wird bewusst geworden sein, dass man sich nicht zu sehr an materielle Dinge gewöhnen sollte, für den Fall, dass man nochmal umziehen muss und keine Möglichkeit hat, diese Dinge mitzunehmen. Gewissermaßen musst du dich von der Abhängigkeit vom Materiellen befreien, was eine gute Lektion für das Leben darstellt.
17. Darüber hinaus wirst du auch lernen müssen, dich von der Abhängigkeit von anderen Menschen zu befreien, was viel schwieriger ist. Du umgibst dich mit Menschen verschiedener Nationalitäten, die, wie du auch, in der Welt unterwegs sind, die kommen und gehen. Du wirst lernen, dich abermals von Bekannten und Freunden zu verabschieden. Du wirst lernen, dass alles in Etappen passiert, dass es ein ständiges Kommen und Gehen ist. Es wird nicht einfach sein. Jede Person hinterlässt etwas in dir, so wie auch du etwas in anderen hinterlassen wirst. Du wirst verstanden haben, dass du an einem bestimmt Ort bist, weil es genau dort Menschen gibt, die dich brauchen. Wenn du das begriffen hast, wirst du wunderbare zwischenmenschliche Beziehungen erfahren.
18. Du wirst immer etwas verpassen. Du wirst nicht in Polen sein, wenn dort wichtige Ereignisse stattfinden. Du verpasst Hochzeiten, Geburtstage und andere wichtige Momente deiner Verwandten. Du wirst Angst haben, nicht rechtzeitig da zu sein, um deinen kranken Opa oder deine kranke Oma, oder sogar deine Eltern noch ein letztes Mal zu sehen (ganz zu schweigen von deinem geliebten Hund oder deiner geliebten Katze). Die Menschen, die dir wichtig sind, werden Erfolge feiern, wenn du nicht dabei bist, sie werden Niederlagen erleiden, wenn du nicht dabei bist – vor allem aber werden sie weiterleben und auch sterben, wenn du nicht dabei bist. Dies stellt den wahrscheinlich schwierigsten Part dar. Doch trotz all dem wirst du gelernt haben, dein eigenes Leben zu führen. Du wirst stark, selbstständig und geduldig sein. Du wirst gelernt haben, jeden einzelnen Moment zu nutzen. Du wirst gelernt haben, bestimmte Momente zu schätzen. Du wirst gelernt haben, mit dem, was du hast, glücklich und zufrieden zu sein. Du wirst dich in jeder Sprache und sogar ohne Worte verständigen können. Und vor allem wirst du über dich selbst hinaus wachsen.
Author: Agnieszka Wieczorek
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Autor: Rebekka Mitz