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Wissenstransfer im Auslandsentsendungsprozess – Über die Bedeutung und Nutzung des Wissens der Rückkehrer

Haben Sie sich schon einmal gefragt, was mit all dem Wissen passiert, das Mitarbeiter in den Unternehmen besitzen? Wie sieht es zum Beispiel mit dem Wissen der Expatriates aus?

Die Anzahl der vom Stammhaus ins Ausland entsendeten Mitarbeiter nimmt derzeit immer weiter zu. Das nach der Rückkehr der Mitarbeiter mitgebrachte Wissen und die Erfahrungen sind eine Schatzkiste voller wertvoller Informationen für das Unternehmen. In diesem Zusammenhang gewinnt der Transfer des Wissens der Expats immer weiter an Bedeutung und wird zunehmend zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil, da es im Vergleich zu Produkten schwieriger zu imitieren und zu adaptieren ist. Lange dienten Auslandsentsendungen von Fach- und Führungskräften dem Wissenstransfer von den Muttergesellschaften zu den Auslandsgesellschaften. Zu wenig Aufmerksamkeit wird bis heute dem im Ausland erworbenen Wissen gewidmet. Nach einer Umfrage ermitteln nur 30% der Unternehmen systematisch das erworbene Wissen der Rückkehrer. Da Wissen stets an Personen gebunden ist, kann es nur weitergegeben werden, wenn die Möglichkeit der Wissensteilung gegeben ist. Die Herausforderung besteht dabei darin, das zumeist implizite, schwer artikulierbare Wissen zu identifizieren, in geeigneter Art zu speichern und nutzbar zu machen. Mithilfe entsprechender Wissenstransfer Instrumente werden die Voraussetzungen dafür geschaffen.

Zu diesen Instrumenten zählen zum einen zentralisierte Informationsschriften wie länderspezifische Handbücher und Leitfäden, die von der Personalabteilung erstellt werden. Allerdings stellt es sich als schwierig heraus, erworbenes Wissen und individuelle Erfahrungen in länderspezifischen Informationsbroschüren zu dokumentieren. Da während des Auslandsaufenthaltes besonders implizites Wissen erworben wird, eignen sich solche deskriptiven Instrumente nur bedingt zum Wissenstransfer.Instrumente des Wissenstransfers

Eine weitere Möglichkeit, Wissen im Auslandsentsendungsprozess zu transferieren, sind Methoden der persönlichen Erfahrungsweitergabe. Dazu gehören Best Practices, Lessons Learned, Storytelling oder auch Mentoring und Coaching. Mithilfe dieser Methoden kann auf konkrete Situationen im Auslandsaufenthalt und die dort gemachten individuellen Erfahrungen Bezug genommen werden, mögliche Fehler oder Herausforderungen können identifiziert und Lösungsmöglichkeiten übermittelt oder entwickelt werden. IT-Systeme ermöglichen dann, das erworbene und identifizierte Wissen zu speichern, zugänglich und anwendbar zu machen. Dabei kann zwischen Social Software wie Wikis oder Weblogs, inhaltsorientierten Systemen wie Content-Management-Systeme oder auch Suchmaschinen wie dem Intranet unterschieden werden. An mancher Stelle wird auch die Personalplanung als Instrument des Wissenstransfers erachtet. Denn Repatriates sollten nach der Rückkehr an den Stellen eingesetzt werden, an denen sie ihr neu gewonnenes Wissen auch anwenden können. In einer qualitativen Befragung von Repatriates, die zwischen 3 und 5 Jahren im Ausland waren, wurde beklagt, dass die Stellenbesetzung nach der Rückkehr häufig dem Zufall überlassen ist. Nach einer Studie von Deloitte geben 58% der Repatriates an, dass der Hauptgrund, das Unternehmen zu verlassen, in der mangelnden Anwendbarkeit des gewonnen Wissens lag.

Unternehmen, die bereits das Potential ihrer Repatriates erkannt haben, bilden sie zu interkulturellen Wissensmanagern für die Entwicklung einer interkulturellen Wissensbasis aus. So können sie etwa als Berater ihre Erfahrungen an das Unternehmen weitergeben. Sie sind zuständig für den Wissenstransfer von internationalen Erfahrungen, gemeinschaftliches Lernen und das Etablieren einer interkulturellen Wissenskultur anhand von unternehmerischen Zielen.

Nach wie vor wird in den meisten Unternehmen das Potenzial der Repatriates als Multiplikatoren und Wissensträger jedoch unterschätzt oder nicht ausgeschöpft. Die verschiedenen Instrumente des Wissensmanagements sollten flexibel und parallel eingesetzt werden, um möglichst viele Mitarbeiter zu erreichen. Schließlich bietet die ausschöpfende Nutzung des Wissens der Repatriates die Möglichkeit, Unternehmen mit einer eigenen interkulturellen Wissenskultur wettbewerbsfähiger zu machen.

Auslandsentsendungen – interkulturelles Wissens- und Erfahrungspotenzials von Expatriates nutzen

Erfolgreiche Auslandsentsendungen gehören für international agierende Unternehmen zur unverzichtbaren Komponente ihrer Geschäftsstrategie. Expatriates werden vor allem auch eingesetzt, um Wissen und „best practices“ zu den Tochtergesellschaften im Ausland zu transferieren. Der Wissensfluss ist jedoch häufig einseitig, d.h. von der Zentrale zu den Auslandeinheiten. Somit bleibt das Wissenspotenzial der Auslandseinheiten für die anderen Unternehmenseinheiten weitgehend ungenutzt. Dies trifft in gleichem Maße zu, wenn Mitarbeiter nach einer Entsendung in ihr Heimatland zurückkehren. Der mangelnde Wissenstransfer führt so zu kostenintensiven Redundanzen des im Unternehmen vorhandenen Wissens.

Dabei bildet die Integration des sensiblen, kontextsensitiven Wissenspotenzials der ins Heimatland zurückgekehrten Expatriates (Auslandsentsandten) den Schlüssel zu einer bereichernden Lösung für alle Beteiligten. Die Erfahrungen, die Ihre MitarbeiterInnen aus dem Auslandseinsatz mitbringen sind unbezahlbar und die intensive Nutzung ihres Wissens schafft einen Mehrwert im Unternehmen.

Sylke Piéch zeigt in ihrer Dissertation »Das Wissenspotenzial der Expatriates – Zur Prozessoptimierung von Auslandsentsendungen« [2009] auf, wie diese Auslandsentsendungen effizienter und professioneller realisiert werden können. Personalverantwortliche können durch die Forschungsergebnisse dieser Arbeit Erkenntnisse gewinnen, welche Kriterien für die Optimierung des internationalen und interkulturellen Personaltransfers zu beachten sind.

Wissenspotenzial der ExpatriatesPiéch zeigt, dass die Auslandsrückkehrer mit ihrem internationalen Erfahrungswissen und wettbewerbsrelevantem Know-how in besonderer Weise geeignet sein können, das heimatliche Unternehmen darin zu unterstützen, den aktuellen Herausforderungen des Agierens auf globalen Märkten besser gewachsen zu sein. Dies erfordert eine Integrationsleistung des Wissenspotenzials, deren Relevanz auch im internationalen Projektmanagement eher noch zu- als abnehmen wird. Das wiederholte Benutzen und Weiterentwickeln von gut gelaufenen Prozessen und Handlungsstrategien steigert die Effizienz zukünftiger Projekte.

Um diesen »Wissenstransfer« (im ganzheitlichen Sinne) jedoch im heimatlichen Unternehmen vor Ort gelingen zu lassen, erscheint es insgesamt erforderlich, den einseitigen Fokus einer bloß optimalen Entsendungspraxis (d.h. der üblichen Checkliste mit notwendigen Reisevorbereitungen) entschieden zu erweitern und von vornherein strategisch die zukünftige Integration des Wissenspotenzials der »Heimkehrer« mit zu bedenken.

In diesem Gesamtprozess kommt der Kommunikationsführung, der sensiblen Gestaltung der eigentlichen Auslandsrückkehr und dem gezielten Einsatz von Gestaltungsvorgängen und Methoden des Wissensmanagements entscheidende Bedeutung zu. Das Unternehmen kann auf unterschiedliche Arten einen gezielten Wissenstransfer durchführen um die von den MitarbeiterInnen gemachten Erfahrungen für das Unternehmen nutzbar zu machen.

Eine Methode, um Informationen und Erfahrungen gezielt weiterzugeben und den MitarbeiterInnen die Möglichkeit zum Austausch zu geben, sind moderierte Workshops. Um der Bildung von Stereotypen und Vorurteilen entgegenzuwirken, empfiehlt es sich diesen Workshop von einem interkulturellen Moderator und Trainer moderieren zu lassen. Erfahrungen können so nochmals reflektiert und die interkulturelle Handlungskompetenz der MitarbeiterInnen weiter gestärkt werden.

Daneben kann ein unternehmensweites Mentoringprogramm einen effektiven Informationsaustausch unter den Mitarbeitern ermöglichen. Im Rahmen eines Mentoringprogramms stehen eine oder mehrere Personen für die jeweiligen Zielländer als konkrete Ansprechpartner und Mentoren im Unternehmen zur Verfügung. Diese Mentoren fungieren dann als Wissensträger und Multiplikatoren und der Aufwand für vorbereitende Maßnahmen kann so gegebenenfalls reduziert werden.

Darüber hinaus können Wissen und Erfahrungen aus Auslandseinsätzen und Projekten auch in Form eines Wikis ausgetauscht werden, das ins unternehmensinterne Intranet eingebunden ist. Auf einer solchen Plattform können die Mitarbeiter systematisch von ihren Erfahrungen berichten und relevante Information weitergeben.

Der Verbesserung der Reintegrationspolitik, speziell im Hinblick auf die Sicherung und Nutzung des interkulturellen Wissens- und Erfahrungspotenzials der Entsandten, kommt eine steigende Bedeutung zu. Sind Unternehmen fähig, wertschöpfungsrelevantes Wissen international zu generieren und unternehmensintern zu transferieren, können sie langfristige Wettbewerbsvorteile generieren.

culture.communication berät Sie bei der Integration des Wissenstransfers in ihre Entsendeprozesse.